Radsport – ein Einzelsport, den man (am besten) als Team betreiben kann

Ist der Radsport ein Einzel- oder ein Mannschaftssport? Wenn man sich die Ergebnislisten von Radrennen ansieht, müsste man diese Frage – mit Ausnahme von Teamzeitfahren – mit Einzelsport beantworten. Aber wie jeder weiß, hat im Profisport auch der beste Fahrer keine Chance ohne sein Team.

Praktisch am Radsport ist, dass man ihn im Hobbybereich problemlos allein ausüben kann. Man muss nicht notwendigerweise Freunde oder Bekannte mit demselben Interesse haben oder sich nach Trainingszeiten richten, wie es bei klassischen Mannschaftssportarten der Fall ist. Auch als Nicht-Profi ist es aber durchaus hilfreich, sich nicht allein auf ein Rennen vorbereiten oder allein an den Start gehen zu müssen. Beim gemeinsamen Training strengt man sich vielleicht noch ein kleines bisschen mehr an, die Zeit vergeht schneller und man kann sich unterwegs über Gott und die Welt unterhalten. Selbst wenn man nicht immer zusammen trainiert, profitiert man davon, ein gemeinsames Ziel zu haben: Auch so kann man sich immer gegenseitig motivieren, über das Training austauschen und Tipps geben. Und bei einer gemeinsamen Teilnahme an einem Rennen kann man einander vor dem Start die Aufregung nehmen, unterwegs abwechselnd Windschatten spenden, sich gegenseitig anfeuern und so wirklich alles aus sich herausholen.

Eine meiner Lieblingstrainings- und -wettkampfpartnerinnen ist meine Schwester Marion. Von klein auf haben wir alle Hobbys gemeinsam ausgeübt: Leichtathletik, Turnen, Tanzen, Reiten und Trompetespielen. Wenn ich sagen würde, ich war immer begeistert davon, dass meine kleine Schwester alles gemacht hat, was ich gemacht habe, und es häufig genauso gut oder sogar besser konnte als ich, würde ich lügen. Spätestens seit dem Teenageralter habe ich aber die Vorteile erkannt, die es mit sich bringt, wenn man jemanden mit denselben Interessen an seiner Seite hat. Wir haben viele, viele Stunden zusammen auf dem Sportplatz oder im Wald verbracht, um uns auf Laufwettbewerbe vorzubereiten, und sind dann auch zusammen an den Start gegangen. Seit fast zwei Jahren fahren wir so oft wie möglich zusammen Rennrad.

Das erste Radrennen, an dem wir beide teilgenommen haben, war Rad am Ring 2016. Wir hatten uns für die 75-Kilometer-Strecke entschieden – drei Runden auf dem legendären Nürburgring mit ca. 1.700 Höhenmetern und einer maximalen Steigung von 17% haben wir gemeinsam hinter uns gebracht, vom ersten bis zum letzten Meter. Die Strecke ist grandios, zum einen wegen der vielen schönen Anstiege, zum anderen auch wegen des selbstverständlich perfekten Belags. Auf dem Nürburgring muss man sich definitiv keine Sorgen um Schlaglöcher machen. Viele Anstiege bedeuten aber natürlich auch, dass man sich immer wieder quälen und besonders gut mit seinen Kräften haushalten muss. Vor allem in der zweiten und dritten Runde, als die Beine nicht mehr ganz frisch waren, war ich deshalb unheimlich dankbar, nicht allein unterwegs zu sein. Zusammen haben wir es geschafft, ein sehr gleichmäßiges Rennen zu fahren: Die dritte Runde war nicht einmal vier Minuten langsamer als die erste. Allein wäre ich bestimmt auch ins Ziel gekommen, hätte auf der letzten Runde aber sicherlich stärker nachgelassen. Wenn man zu zweit oder mit noch mehr Leuten fährt, kann man vielleicht noch ein kleines bisschen mehr aus sich herausholen, damit die Zeit der anderen nicht leiden muss. Nach der positiven Erfahrung im letzten Jahr sind wir 2017 natürlich wieder am Start!

Ein zweiter toller Wettkampf, den wir im letzten Jahr zusammen bestritten haben, war ein Duathlon in Stolberg bei Aachen. Dort sind wir als Staffel gestartet, und bei einer Staffel ist das Teamerlebnis vorprogrammiert. Marion hat die Laufstrecke(n) übernommen, ich die Radstrecke. Zunächst musste sie 5,3 km laufen, dann musste ich 22,4 km Rad fahren und zum Abschluss musste sie noch einmal 2,3 km laufen. Die Strecke in Stolberg ist richtig schön und vor allem der etwas längere Anstieg, den man insgesamt dreimal hochfahren musste, kam mir sehr entgegen. Auch wenn wir diesmal nicht gleichzeitig unterwegs waren und einander ziehen konnten, hat es mich motiviert, mich nicht nur für mich selbst, sondern für das Team ins Zeug zu legen. Als einziges Damenteam haben wir es geschafft, sieben der zehn anderen Teams hinter uns zu lassen und den vierten Platz zu belegen.

Obwohl der Radsport eigentlich ein Einzelsport ist, kann man die besten Leistungen oft gemeinsam abrufen – und unmittelbar danach oder auch noch Jahre später das Training oder ein Rennen gemeinsam Revue passieren lassen und in Erinnerungen schwelgen, was den Spaßfaktor noch einmal erhöht 🙂

 

Fotos Rad am Ring: © Sportograf

6 Antworten auf „Radsport – ein Einzelsport, den man (am besten) als Team betreiben kann“

    1. Hallo Michael!
      Bis heute war mir gar nicht bewusst, dass es noch einen zweiten Blog mit dem Namen gibt, der sogar schon viel länger besteht als meiner. Als ich letztes Jahr gesehen habe, dass der Domain-Name noch frei war, habe ich ihn mir gleich gesichert.
      Sehr schöner Blog übrigens 🙂 Werde ich in Zukunft sicher öfter vorbeischauen!

  1. Ganz toll geschrieben!

    Du hast so Recht! Auch wenn man alleine fahren kann (was ja ab und an ganz praktisch ist) so ist es doch umso schöner im Team zu fahren, sich gegenseitig anzutreiben und zu neuen Höchstleistungen zu treiben!

    Das es unweit meiner alten Heimat Eschweiler, direkt neben Stolberg, einen Duathlon gibt wusste ich gar nicht! Ich kenne nur den Indeland Thriathlon, bei dem ich bisher aber immer nur als Zuschauer war!

    1. Das stimmt! Erst letztes Wochenende habe ich bei der HochsauerlandChallenge wieder gemerkt, wie viel es hilft, jemanden an seiner Seite zu haben. Ohne meine Schwester, mit der ich bis kurz vorm Ziel zusammengeblieben bin, wäre ich mit Sicherheit langsamer gewesen!

      Soweit ich weiß, gibt es den Duathlon noch nicht so lange, und er findet nur alle zwei Jahre statt. Am selben Tag werden auch verschiedene Radrennen angeboten. Die habe ich mir nach meinem Start zum Teil auch noch angesehen. Wenn du gerne bei Sportveranstaltungen zuschaust (oder natürlich auch selbst mitmachst ;)), kann ich die Veranstaltung nur empfehlen!

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